FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 23.10.2025 zum Urteil 3 K 2355/20 vom 14.12.2023 (nrkr – BFH-Az.: I B 11/24)
- Unternehmensgewinne i. S. von Art. 7 Abs. 1 DBA-UK setzen bei einer Personengesellschaft voraus, dass diese selbst ein „originär“ gewerbliches Unternehmen i. S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) betreibt. Eine gewerbliche Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG hat als innerstaatlich normierte fiktive Umqualifikation auf die abkommensrechtliche Einkünftequalifikation keinen Einfluss.
- Eine auf Wiederholung angelegte und damit gewerbliche nachhaltige Tätigkeit einer Personengesellschaft ist nicht gegeben, wenn ihre wenigen Geschäftsabschlüsse mit ihrer einzigen Kundin jeweils auf einzelnen, unmittelbar vor dem Vertragsschluss getroffenen und mithin jeweils neuen Investitionsentscheidungen der Gesellschafter beruhen.
Sachverhalt
Der Kläger und die Beigeladenen sind ehemalige, in Deutschland wohnhafte Gesellschafter einer nach britischem Recht gegründeten General Partnership (XY GP). Die XY GP hatte ihren Verwaltungssitz in England und erzielte Einkünfte aus dem Kauf und Verkauf von Turbinen. Die im Streitjahr 2012 erworbenen und für die deutsche Betriebsstätte (Lager) der XY GP in das Inland eingeführten Turbinen wurden im Streitjahr 2013 veräußert. In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erklärte die XY GP Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die in Deutschland steuerfrei seien und dem Progressionsvorbehalt unterlägen.
Dieser Auffassung folgte das beklagte Finanzamt (FA) nach Durchführung einer Außenprüfung nicht. Die Einkünfte der XY GP seien keine Unternehmensgewinne im Sinne des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA UK). Der Turbinenhandel der XY GP sei nicht gewerblich im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Alle Turbinen seien in einem Rechtsakt von einem Lieferanten gekauft und in nur einem Rechtsakt an nur einen Verkäufer verkauft worden. Das FA stellte daher weder im Streitjahr 2012 negative noch im Streitjahr 2013 positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Für das Streitjahr 2013 stellte das FA stattdessen Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG gesondert und einheitlich fest. Der 3. Senat wies die Klage ab.
Aus den Gründen
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowie den vorliegenden Unterlagen habe die XY GP in den Streitjahren keine in Deutschland steuerfreien und dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Unternehmensgewinne im Sinne des Art. 7 Abs. 1 DBA UK erzielt. Die vom Kläger (und den Beigeladenen) aus seiner Beteiligung an der XY GP erzielten Einkünfte seien keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften.
Deutschland stehe als Ansässigkeitsstaat der Gesellschafter das Besteuerungsrecht zu
Die XY GP sei eine General Partnership, die in Großbritannien als steuerlich transparent behandelt werde und auf Grund des Rechtstypenvergleichs ihrer Struktur nach auch in Deutschland mit einer Personengesellschaft deutschen Rechts vergleichbar sei. Da Personengesellschaften keine Gesellschaften im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. e DBA UK seien, seien die an der Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter abkommensberechtigt nach Art. 1 DBA UK. Der an der XY GP beteiligte Kläger sowie die ebenfalls beteiligten Beigeladenen seien aufgrund ihres Wohnsitzes (unstreitig) in Deutschland ansässig (Art. 4 Abs. 1 DBA UK). Für Zwecke der Abkommensanwendung liege deshalb insoweit nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. h DBA UK ein deutsches Unternehmen vor.
Nach Art. 7 Abs. 1 DBA UK könnten die Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats nur in diesem Staat (dem Ansässigkeitsstaat) besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übe seine Geschäftstätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. Übe das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit auf diese Weise aus, so könnten seine Gewinne im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden könnten. Demgegenüber könnten nach Art. 13 Abs. 5 DBA UK Gewinne aus der Veräußerung von in den Absätzen 1, 2 und 3 nicht genanntem Vermögen nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Veräußerer ansässig ist. Unter den Auffangtatbestand des Art. 13 Abs. 5 DBA UK falle insbesondere bewegliches Vermögen, das nicht Betriebsvermögen sei.
Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und privater Vermögensverwaltung auf Ebene des DBA UK
Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. f DBA UK beziehe sich der Ausdruck „Unternehmen“ auf die Ausübung einer Geschäftstätigkeit. „Geschäftstätigkeit“ schließe die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit ein (Art. 3 Abs. 1 Buchst. g DBA UK). Eine gewerbliche Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG habe als innerstaatlich normierte fiktive Umqualifikation auf die abkommensrechtliche Einkunftsqualifikation keinen Einfluss. Abkommensrechtlich ausschlaggebend sei allein die tatsächlich verwirklichte Einkunftsart. Deshalb würden Unternehmensgewinne im Sinne von Art. 7 Abs. 1 DBA UK bei einer Personengesellschaft voraussetzen, dass diese Personengesellschaft selbst ein „originär“ gewerbliches Unternehmen betreibe.
Keine gewerblichen Einkünfte der XY GP, …
Die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit im Rahmen der XY GP seien nicht nachhaltig tätig geworden. Diese Betätigung habe den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten.
weil keine nachhaltige Betätigung vorliege und auch …
Der Senat sei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht davon überzeugt, dass die Betätigung der XY GP als nachhaltig anzusehen sei. Denn die wenigen Geschäftsabschlüsse der XY GP mit ihrer einzigen Kundin beruhten jeweils auf einzelnen, unmittelbar vor dem Vertragsschluss getroffenen und mithin jeweils neuen Investitionsentscheidungen der Gesellschafter.
Trotz des Vorliegens von Turbinenverkäufen sowie des Abschlusses eines – vor der Durchführung einvernehmlich aufgehobenen – Sale-and-lease-back-Vertrages sei die Tätigkeit der XY GP in den Streitjahren nicht auf Wiederholung angelegt und damit nicht nachhaltig gewesen. Vielmehr beruhten die einzelnen Verträge nach Überzeugung des Senats auf erst später gefassten neuen Investitionsentscheidungen der Gesellschafter, mit denen jeweils eine weitere Geschäftsgelegenheit ergriffen worden sei. Ob es weitere Geschäfte geben würde oder nicht, sei nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen und der tatsächlichen Geschäftsführung der XY GP offen und von den Gesellschaftern von Einzelfall zu Einzelfall entschieden worden, ohne dass von vornherein weitere Geschäfte geplant gewesen seien. Die XY GP habe die einzelnen Geschäfte stets aufgrund eines neuen Entschlusses und nicht aufgrund einer von vornherein bestehenden Wiederholungsabsicht getätigt.
die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten sei.
Der Senat sei auch nicht überzeugt, dass das (nicht realisierte) Sale-and-lease-back-Geschäft mit der FF über ein Flugzeug auf eine gewerbliche Tätigkeit gerichtet gewesen sei. Die Vermietung des Flugzeugs hätte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geführt. Die verbleibenden zwei der XY GP zuzurechnenden Veräußerungsgeschäfte, nämlich der zweimalige Verkauf von Turbinen an die FF, überschritten ebenfalls nicht die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung.
Die Turbinen seien zwar keine typischen Wirtschaftsgüter für eine private Vermögensanlage, seien als Wirtschaftsgüter für die Anlage von Kapitalvermögen aber auch nicht ungeeignet. Da die Turbinen strengen Wartungsregelungen unterlägen, seien sie langlebige und (relativ) wertstabile Wirtschaftsgüter. Aufgrund der hohen Anschaffungskosten im Verhältnis zum Gesamtpreis eines Flugzeugs und der teilweise langen Lieferzeiten der Hersteller gebe es sowohl für das Leasing von Turbinen als auch für den Handel einen Markt.
Nicht rechtskräftig. Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (Az. I B 11/24).
Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg, Newsletter 1/2025
FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 23.10.2025 zum Urteil 3 K 2355/20 vom 14.12.2023 (nrkr – BFH-Az.: I B 11/24)
